Legasthenie/LRS verstehen

„Von einer Legasthenie spricht man, wenn sich bei Kindern beim Erlernen des Schreibens und Lesens Probleme ergeben, welche durch differente Sinneswahrnehmungen hervorgerufen werden. Darauf folgt eine zeitweise Unaufmerksamkeit beim Schreiben und Lesen, die wiederum zu Wahrnehmungsfehlern führt.“  (Dachverband Legasthenie Deutschland e.V.)

Wichtig ist die Erkenntnis, legasthene Menschen sind nicht krank, gestört  oder behindert. Heute weiß man, 10 bis 15 Prozent aller Menschen verfügen über eine andere Informationsverarbeitung (anlagebedingt) und damit über eine besondere Lernfähigkeit. Verantwortlich für die Schulprobleme beim Erlernen des Lesens, Schreibens und/oder Rechnen sind also jene Erbinformationen, welche differente Sinneswahrnehmungen in den Bereichen Optik, Akustik und Raumwahrnehmung verursachen. Aber auch die hiervon betroffenen Kinder  können das Lesen und Schreiben erlernen. Die schulischen Standardmethoden sind für die Betroffenen jedoch  nicht ausreichend. Vielmehr benötigen sie eine individuelle und gezielte Förderung durch spezialisierte Pädagogen.

Der Dachverband Legasthenie Deutschland e.V.:  „Man sollte grundsätzlich davon Abstand nehmen, im Zusammenhang mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie, die ohne zusätzliche Auffälligkeiten auftritt und wovon die meisten Kinder betroffen sind, von einer Störung, Krankheit oder gar Behinderung zu sprechen … Eine Förderung muss in jedem Fall auf pädagogisch-didaktischer Ebene stattfinden.“

In der Praxis werden die besonderen pädagogisch-didaktischen Ansprüche dieser Kinder oftmals aber nicht erkannt  oder ihr Verhalten wird als krankhafte Störung interpretiert. „Da es keinerlei einheitliche Feststellungsrichtlinien auf psychologischer oder medizinischer Ebene gibt, die auch pädagogische Aspekte beinhalten würden, beginnt für viele betroffene Kinder ein endloser Weg, der von zahlreichen Therapien und manchmal sogar von medikamentösen Interventionen begleitet wird. Tatsächlich bekommen manche, um es noch einmal zu betonen, aber nie die dringend benötigte pädagogisch-didaktische Hilfe …“ (Dachverband Legasthenie Deutschland e.V.)  Werden diese Kinder nun über längere Zeit frustrierenden Lernerlebnissen ausgesetzt, kann dies in der Folge tatsächlich zu Verhaltensauffälligkeiten  führen.  Und haben sich diese mit der Zeit manifestiert, spricht man schließlich nicht mehr von einer Primärlegasthenie sondern von einer Legasthenie mit Sekundärproblematik. In diesen Fällen kann ergänzend auch therapeutische Hilfe nötig werden.

Was ist nun der Unterschied zwischen einer Legasthenie und einer LRS?

Legasthenie ist eine spezielle Form einer LRS (Leserechtschreibschwäche) und wie oben ausgeführt ist sie anlagebedingt.  Davon zu unterscheiden ist die sogenannte erworbene Leserechtschreibschwäche im Folgenden kurz LRS genannt. Diese hat häufig vorübergehenden Charakter. Ihre Ursachen liegen im Außen und müssen zunächst festgestellt werden. Manchmal braucht es hierfür Fachkräfte aus dem medizinischen und/oder therapeutischen Bereich. Mögliche Ursachen sind beispielsweise u.a. Entwicklungsstörungen, Belastungen im sozialen Umfeld, Geschwisterrivalität, Migration, Schwerhörigkeit, soziale Ausgrenzung. Die für legasthene Kinder so typische Unaufmerksamkeit beim Schreiben und Lesen sowie differente Sinneswahrnehmungen treten bei LRS-Kindern nicht so deutlich hervor.